15. Dezember: Wissenswertes rund um den Weihnachtsbaum

Es wird allerhöchste Zeit, dass wir uns dem Thema "Weihnachtsbaum" widmen... 

Dies erwartet Euch heute:

Ein Besuch bei Förster Klaus Münker auf der Lützel.

Ein kleiner Einblick in die Geschichte des Weihnachtsbaums.

Allseits beliebt: Der Weihnachtsbaum

 

Ev. Kirche Wilnsdorf

Um eine erfreuliche Nachricht gleich vorweg zu schicken: Der Verkauf von Weihnachtsbäumen bleibt erlaubt - trotz Lockdown. Niemand muss also wegen Corona auf diesen beliebten Brauch verzichten.

Annähernd 30 Millionen Weihnachtsbäume werden schätzungweise auch in diesem Jahr wieder in Deutschland aufgestellt werden. Eine beachtliche Anzahl angesichts einer Gesamtbevölkerung von 83 Millionen Menschen!

Die traurige Wahrheit: Um die Ökobilanz der meisten dieser Weihnachtsbäume ist es nicht gut bestellt. Viele haben einen weiten Weg hinter sich und stammen überdies aus Monokulturen, wo giftige Pestiziden und Herbizide wie selbstverständlich eingesetzt werden.

Zum Glück gibt es Alternativen. Wer bei Kauf gezielt auf die Herkunft seines Weihnachtbaums achtet, kann ihn in all seiner Pracht schließlich mit gutem Gewissen genießen. 

Mehr über ökologisch bewusst angebaute Weihnachtsbäume erfahrt ihr in diesem Video, mit dem Silke van Doorn ihren Besuch bei Förster Klaus Münker auf der Lützel (bei Hilchenbach) dokumentiert hat. 

>>Beim Abspielen bitte darauf achten, dass der Ton laut genug eingestellt ist. Vielen Dank!

Deutlich jünger, als gedacht

Auch wenn es sich nicht so anfühlt: Der Brauch, über die Feiertage einen Weihnachtsbaum ins heimische Wohnzimmer zu stellen, ist deutlich jünger, als man annehmen könnte. 

Zwar haben unsere Vorfahren bereits in vorchristlicher Zeit um die Wintersonnenwende herum ihre Häuser mit immergrünen Zweigen geschmückt. Regelrechte Weihnachtsbäume jedoch, wie wir sie heute kennen und lieben, verbreiteten sich erst ab Mitte / Ende des 19. Jahrhunderts. 

Wichtige "Influencer" in Sachen Weihnachtsbaum waren unter anderen:

Johann Wolfgang von Goethe: 

Von ihm stammt die erste literarische Erwähnung eines geschmückten Weihnachtsbaums. 1774 lässt Goethe seinen "jungen Werther" kurz vor Weihnachten an einen Freund schreiben: "Die Erscheinung eines aufgeputzten Baumes mit Wachslichtern, Zuckerwerk und Äpfeln versetzt einen in Entzücken".

Königin Viktoria von England:

Die Abbildung links oben zeigt Königin Viktoria von England (1819 - 1901) im Kreise ihrer Familie vor einem geschmückten Tannenbaum. Diesen hatte sie im Jahr 1840 erstmals in ihrer königlichen Residenz aufstellen lassen, um ihrem aus Deutschland stammenden Ehegatten Albert von Sachen-Coburg (1819 - 1861) eine besondere Freude zu bereiten. 1848 machte die Zeitschrift "Illustrated London News" diese neue königliche Weihnachtsgepflogenheit mit Hilfe der gezeigten Abbildung öffentlich bekannt. Dies löste seinerzeit einen Nachahmeffekt in der Bevölkerung im vereinigten Königreich aus. 

Und last, but not least: Ein weiterer früher Gewährsmann für den Brauch, die Wohnstube mit einem geschmückten Tannenbaum zu schmücken, ist der aus Grund / Hilchenbach stammende Universalgelehrte und pietistisch-mystische Schriftsteller Johann Heinrich Jung-Stilling (1740 - 1817). In seinem Werk "Heimweh" von 1793 spricht er von einem von dem "hell erleuchtenden Lebensbaum mit vergoldeten Nüssen" am Morgen des ersten Weihnachtstages. 

 

Woher aber kommt letztlich der Brauch, einen Weihnachtsbaum aufzustellen und zu schmücken?

Diese Frage lässt sich letztlich nicht sicher beantworten.

Mir persönlich (Heike Dreisbach) gefällt die Erklärung am besten, dass es sich bei den ersten Weihnachtsbäumen um sogenannte Paradiesbäume gehandelt haben soll. Paradiesbäume deshalb, weil diese Bäume als Requisite eingesetzt wurden für die  sogenannten Paradeis-Spiele. Dies waren Aufführungen, bei denen die Geschichte des Sündenfalls (1. Mose 1, 3, 1 - 25) szenisch darstellt wurde, entweder als Teil öffentlicher Krippenspiele, bzw. unmittelbar vor diesen.


Um dastellen zu können, wie Eva die verbotene Frucht pflückt, musste auf jeden Fall ein "Baum der Erkenntnis von Gut und Böse" her. 

Da Obstbäume im Winter mit ihren kahlen Ästen nicht gerade einladend aussehen, wird die Idee nahe gelegen haben, die dramaturgisch notwendigen Früchte (in der Regel Äpfel) an einem immergrünen Baum zu befestigen. Teilweise soll auch ein zweiter immergrüner Baum daneben gestanden haben, der "Baum des Lebens", der allerdings anstelle von Äpfeln mit Oblaten geschmückt gewesen sein soll, als Sinnbild für das "Brot des Lebens", das Jesus beim letzten Abendmahl mit seinen Jüngern geteilt hat.

Vor diesem Hintergrund lässt sich übrigens auch die spätere Sitte herleiten, den Baum mit Glaskugeln (Symbol für Äpfel) und Gebäck (Symbol für das Brot des Lebens) zu schmücken. 

Den Weihnachtsbaum im Licht dieser Erklärung zu betrachten, finde ich theologisch sehr inspirierend. Denn aufgegriffen wird damit das Bild der "neuen Schöpfung", das der Apostel Paulus z.B. in Römer 5, 12 - 15 oder 1. Korinther 15, 20 - 24 verwendet.

Ich liebe dieses Bild, nachdem Gott eine neue Schöpfung in Gang setzt durch Jesu und zwar inmitten und zugunsten seiner alten Schöpfung. Jesus ist der neue Adam, der erste Mensch der neuen Schöpfung Gottes. Ein Mensch, an dem wir sehen können, wie ein Mensch nach Gottes Willen leben soll: Liebevoll und gerecht, barmherzig, aufrecht und frei.

Gott gibt diese seine erste,  gefallene Schöpfung und damit auch uns, seine gefallenen Geschöpfe, nicht preis. Ganz im Sinne der zweiten Hälfte unseres reformierten Votums, das zu hören und zu sprechen mir immer wieder eine echte Freude ist:  "... der Bund und Treue hält ewiglich und der das Werk seiner Hände niemals preisgibt"  (5. Mose 7, 9)

Wenn ich den Weihnachtsbaum im Lichte dieser Tradition betrachte, kann ich sogar dem Klassiker "O Tannenbaum" etwas abgewinnen, in dem die Treue der immergrünen Blätter besungen wird.

In seinem Weihnachtslied "Lobt Gott, ihr Christen alle gleich" greift auch Nikolaus Hermann 1560 auf die Paradies-Erzählung zurück. Das, was damals einseitig aufgekündigt wurde durch das Misstrauen der Menschen, die vertrauensvolle Gemeinschaft mit Gott, wird wieder zurück gewonnen durch die Geburt des Jesuskindes:  "Heut schließt er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis...".

Dass bereits Luther im 16. Jahrhundert mit seinen Kindern unter eine geschmückten Tannenbaum Weihnachten gefeiert haben soll, dürfte allerdings reine Fiktion sein. Der berühmte Stahlstich von 1843 von Carl August Schwerdgeburt, der eben diese Szene darstellt, gehört wohl eher zum typischen Luther-Kitsch des 19. Jahrhunderts (hier geht es zu einem entsprechenden Artikel auf der Internetseite samt der genannten Abbildung www.luther2017.de).

In evangelischen Kirchen wurde es gegen Ende des 19. Jahrhunderts nach und nach üblich, Weihnachtsbäume aufzustellen, die man schließlich "Christbäume" nannte. In der katholischen Kirche wurde diese Sitte erst deutlich später übernommen. So ließ Papst Johannes Paul II. erst 1982 den ersten Weihnachtsbaum auf dem Petersplatz in Rom aufstellen.  

Heute jedenfalls ist der Christbaum in der Weihnachtszeit aus dem allermeisten Kirchen nicht wegzudenken. Auch in diesem Jahr ist das so, Corona hin, Corona her. 

Ev. Kirche Wilnsdorf

ZUM TIEFERGRABEN:

Wie heißt die Vogelart, der in der Weihnachtsbaumschonung von Förster Münker brütet und die zu schützen ihm besonders am Herzen liegt?

Richtig! 

 

Es ist das Braunkehlchen!

Hier könnt Ihr diese bedrohte Vogelart erleben und ihrem Gesang lauschen... Viel Freude dabei!


Bis Morgen, beim nächsten Türchen!



Kommentare


  1. Sehr schön u stimmungsvoll u theologisch nahe gehend ist das heutige Törchen für mich! Danke! Tatsächlich ist die Frage, was ein Brauch bedeutet, spannend. Letztlich bedeutet er das, was Menschen ihm an Bedeutung zuschreiben.
    Das passiert ja schon in der Bibel so. Die großen Feste Israels wurden schon vorisraelitisch gefeiert. Aber mit einer ganz anderen Bedeutung. Israels Gotteserfahrung bringt alten Erntefesten eine völlig neue Bedeutung... So passiert es ja auch Weihnachten. Römische u germanische Ursprünge?
    Igitt o na und?
    Die weite der Bibel u der Mütter u Väter des Kirchenjahres hatten eine eindrückliche Weite, Altes nicht einfach zu vernichten. Es wurde symbolisch neu gedeutet

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