Mit unserem vorletzten Adventskalendertürchen möchten wir Euch musikalisch auf das Weihnachtsfest einstimmen.
In der Siegener Nikolaikirche zu hören und zu sehen sind:
Kirchenmusikdirektorin Ute Debus
Cora Theobald, Sopran und Sandra Lichte-Schneider, Organistin.
von Ute Debus, Kirchenmusikdirektorin Ev. Kirchenkreis Siegen
"Machet die Tore weit und die Türe in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe!"
Was für kraftvolle Worte aus dem Psalm 24, dem Adventspsalm, der uns durch die besondere Adventszeit, die auch gleichzeitig als Passionszeit bezeichnet wird, begleitet.
Der Komponist Heinrich Grimm, der diese Werke für zwei Singstimmen und Orgel schrieb, war Kantor in der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts und wirkte kirchenmusikalisch in Magdeburg und später in Braunschweig bis zu seinem Lebensende. Aus der Praxis eines Kirchenmusikers heraus komponierte er geistliche Werke, die vor allem für den gottesdienstlichen Gebrauch bestimmt waren.
In wunderbarer Weise zeichnet er das Motto des Psalms, diese markigen Worte „Machet die Tore weit und die Türe in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe!“ ausdrucksvoll-kernig musikalisch nach, spürt auch der Frage - vorgetragen von nur einer Sängerin „Wer ist derselbige König der Ehren?“ und der Antwort der anderen Sängerin „Es ist der Herr, stark und mächtig“ einfühlsam nach und lässt beide Stimmen immer wieder freudig miteinander kommunizieren, konzertieren, sich geradezu musikalisch „duellieren“.
Der Schluss lässt aufhorchen: er fasst zum einen das Werk zusammen, lässt es ausklingen; doch scheint die Musik verhaltener, sie ist weniger auffordernd als zu Beginn. Vielleicht weist dieser musikalische Gestus schon auf die Passion Jesu hin.
"Hosianna dem Sohne Davids!"
Damit schlagen wir eine Brücke zum
nächsten Werk in der gleichen Besetzung, das ebenfalls von Heinrich Grimm
komponiert wurde: „Hosianna dem Sohne
Davids. Gelobet sei der da kommt im Namen des Herren. Hosianna in der Höhe“.
Mit diesem Jubelruf wurde Jesus beim Einzug in Jerusalem begeistert empfangen und begrüßt. Diese bekannte Geschichte ist im Matthäusevangelium 21, 1-11 zu finden und wird oft am 1. Adventssonntag als Evangelium gelesen. Der Ruf Hosianna kommt ursprünglich aus dem Hebräischen und heißt Hoschana - eigentlich besteht er aus zwei Worten, nämlich Hoschia Na und bedeutet „Hilf doch!“. Er ist einerseits ein Jubel- andereseits aber auch ein Fleh- oder Bittruf. Neben dem Matthäusevangelium 21, Vers 9 findet sich das Hosianna auch im Sanctus als Willkommensgruß „Osanna - Benedictus qui venit in Nomine Domini“ wieder. Und auch in Psalm 118 Vers 25 und 26 lesen wir: O HERR, hilf! O HERR, lass wohlgelingen! Gelobt sei, der da kommt im Namen des HERRN!
Doch damit nicht genug: sowohl die 2. als auch die 3. Strophe des schwungvollen bekannten Adventsliedes Tochter Zion beginnt in freudiger Erwartung mit “Hosianna, Davids Sohn“.
Kommen wir nun zurück zu Heinrich Grimm:
In seinen beiden Kompositionen wird also „der König der Ehren“ willkommen geheißen: Im ersten Werk sollen die Tore und Türe für den König der Ehren geöffnet werden.
Bei der zweiten Komposition „Hosianna dem Sohne Davids“ fällt auf, dass sich die Singstimmen sozusagen die Bälle zuwerfen: eine Stimme beginnt, die andere folgt, sodass der Eindruck entsteht, als ob aus allen Ecken zugejubelt wird.
Und zum Höhepunkt des Werkes vereinen sich beide Singstimmen beim „Hosianna in der Höhe“ und schrauben sich musikalisch in höchste Höhen.
Halten wir es einen Tag vor
Heiligabend mit den Engeln, die „vom Himmel hoch kommen“:
„Ehre sei Gott in der Höhe
und Friede auf Erden
bei den Menschen
seines Wohlgefallens.“
Frohe und gesegnete Weihnachtstage wünschen Ihnen:
Ute Debus, Kirchenmusikdirektorin Ev. Kirchenkreis Siegen: Wirkt seit 1991 als Kantorin an der Nikolaikirche in Siegen und leitet die Kantorei Siegen, den Evangelischen Kirchenchor Siegen und das 1998 gegründete kleine Vokalensemble "capella cantabilis". Neben der intensiven Chorarbeit konzertiert Ute Debus als Organistin sowohl solistisch als auch in Zusammenarbeit mit Chören, Sängern und Instrumentalisten und ist als Dozentin für Chorleitung, Orgel, Tonsatz und Gehörbildung tätig. Seit dem Wintersemester 2004/05 leitet sie Chor und Orchester der Universität Siegen und hat dort einen Lehrauftrag für Ensembleleitung. 2006 wurde ihr der Titel "Kirchenmusikdirektorin" verliehen, 2013 folgte die Ernennung zur „Universitäts-Musikdirektorin" (siehe auch: www.kantorei-siegen.de)
Musikstudentin im Lehramt an der Uni Siegen, engagierte
Chorsängerin von Kindesbeinen an, ambitionierte Solo-Sängerin (Sopran).
Sandra Lichte-Schneider:
arbeitet als Ärztin im Kreisklinikum Siegen in der neurologischen Abteilung,
ist vielbeschäftigte nebenamtliche C-Kirchenmusikerin, insbesondere als Organistin „unterwegs"
und langjährige Chorsängerin in der Kantorei Siegen
ZUM TIEFERGRABEN:
Die Orgeln der Nikolaikirche Siegen
Wer genau aufgepasst und genau hingeschaut hat, bei den oben angebotenen Musikstücken, wird es bemerkt haben: In der Nikolaikirche in Siegen gibt es gleich zwei Orgeln. Zum einen die große Kemper-Orgel, mit deren Bau 1955 begonnen wurde, mehr als 10 Jahre nach der Zerstörung ihrer Vorgängerin am 16. Dezember 1944 (siehe Adventstürchen vom 16. Dezember). Diese Orgel wurde zwischenzeitlich renoviert. Sie gilt als die größte Orgel Südwestfalens. Sie ist zu hören bei der Choralbearbeitung zu "Vom Himmel hoch, da komm ich her".
Seit 2005 steht in der Nikolaikirche außerdem eine sogenannte "Truhenorgel", erbaut von der Orgelbaufirma Mebold aus Siegen-Breitenbach. Diese Orgel ist bei den beiden Stücken von Heinrich Grimm zu hören.
Ausführlichere Informationen zu den Orgeln der Nikolaikirche gibt es auf der Internetseite der Ev. Nikolai-Kirchengemeinde Siegen und auf der Internetseite der Kantorei Siegen.
Wir bedanken uns sehr herzlich bei
Ute Debus, Cora Theobald und Sandra Lichte-Schneider
für die wunderbare musikalische Gestaltung unseres vorletzten Adventstürchens.
Bis morgen - zu unserem letzten Türchen!
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